Von diesem Bild haben wir keine exakten Größenangaben, aber immerhin, was seltener ist, eine Datierung: 1926. Hier ist der Landschaftsmaler ganz neu, originär, mit Motiven, die man so noch nicht gesehen hat: der Schnee, der in Nebel übergeht.
Die beiden Landschaften stammen aus dem Jahr 1924, geben Eindrücke vom Harz wieder und haben den unverwechselbaren Carl Seifert sound.
Dieses Bild ist sicher ein paar Jahre später gemalt worden. Ich erinnere mich an ein anderes Photo, das auch einen einsamen Wanderer zeigt. Ein Motiv, das öfter wiederkehrt. Beim zweiten Bild fehlt oben ein Streifen, aber es scheint etwas weniger eingedunkelt. Wunderbar der gesuchte Kontrast zwischen dem schwerfälligen Wanderer und dem federleichten Bodennebel, der die Stille der weiten Aue fühlbar macht. Bei den Baumgruppen geht es musikalisch-rhythmisch zu. Dem Eigenen, Unverwechselbaren sehr auf der Spur ist er bei dem eigentümlich abstrakt wieder gegebenen aufgeplatzten Baum vorne rechts, und mehr noch bei der Gesteinsformation der Böschung dahinter.
Eine mittel- bis ostdeutsche Landschaft mit einem Schimmel zum Aufhellen. Dieser Schimmel soll angeblich auch öfters auf Carl Seiferts Bildern vorgekommen sein. Man soll nicht beckmessern, aber das andere Pferd scheint nicht ganz sicher auf den Beinen zu sein.
Generell möchte ich sagen, wenn der Kalauer erlaubt ist, dass mir Carl Seiferts kahle Landschaften besser gefallen, als wenn es so flauschig und lauschig wird. Denn man denkt unwillkürlich an Gottfried Benns ätzenden Spott in seinem Intellektualismusaufsatz über die Versuche, die laute und schlechte Welt mit Filz und Milchglas fernzuhalten. Aber das vorliegende Bild ist eine Ausnahme. Als wir unseren Großvater 1970 in Naumburg trafen, sprach er von einer „Mailandschaft“ mit „einer Wäscheleine“, die er gerne wieder gesehen hätte oder von der er wenigstens gerne gewusst hätte, wo sie geblieben ist. Wenn ein Künstler sich nach vielen Jahren an ein Bild als besonders gelungen erinnert, ist das schon mal ein Kriterium.
Ich habe dann irgendwann das winzige Photo mit der noch winzigeren im Wind flatternden Wäsche gefunden. ( Vor meinem geistigen Auge hatte ich mir unmusischerweise ein rahmensprengendes Geflatter vorgestellt.) Das Schöne an dem Bild ist unter anderem, dass man es „mit den Augen hören“ kann. Denn der Wind kommt uns aus dem Bild entgegen, wie die Wäsche zeigt. Und so hört man das Rauschen der Bäume vor den still sich bauschenden Wolken, und man hört vor allem die Stimme der Mutter im Gespräch mit ihren Kindern, genauer gesagt, die Figuren sind mit einer gewissen Undeutlichkeit gemalt, die die Undeutlichkeit und den Hall der Stimmen wiedergibt. Bei einer Vergrößerung des Photos scheint sich dieser Eindruck u bestätigen. Wer weiß, wenn man das Original vor sich hätte, würde sich vielleicht alles in nichts auflösen.
Der Weg aus der Tiefe führt an einer Abbruchkante vorbei, die für Kinder halsbrecherisch ist. Man könnte die Eltern wegen Fahrlässigkeit anzeigen, weil sie dort keinen Zaun bauen ließen. Aber das ist ein völlig unpoetischer Einwand: es geht ja gerade darum, die Sicherheit der Kinder an der Hand der Mutter zu betonen. Und dann ist da noch die weiße Wolke, fast so schön wie die berühmte Brechts im „blauen Mond September“.
Hier hat der Maler vielleicht eine ähnliche Wirkung gesucht: zwei Bäuerinnen im Gespräch und eine dritte, die hinzukommt. Man müsste das Original sehen.
Hier fängt er an Geschichten zu erzählen. – Der wie eine Rauchwolke aufsteigende Baum links erinnert, was weiß ich, an Puvis de Chavannes oder ähnliches. Es riecht jedenfalls nach der etwas dekadenten Schönheitstrunkenheit des Fin de siècle. Ich bin mir fast sicher, dass er da einem Vorbild auf den Leim gegangen ist. Wir werden das noch herausfinden.
Grandiose Winterlandschaft bei Mähring in der Oberpfalz, ganz in der Nähe der tschechischen Grenze.
Dieses Bild, das sich gleichfalls auf den Winter in Mähring bezieht, muss im Kunsthistorischen Museum in Leipzig sein.
Die besten Bilder scheinen alle aus den düsteren Jahren der braunen Zeit zu stammen.Hier geht es wohl primär um die räumliche Wirkung eines abschüssigen Weges. Der Scan wurde von einer Photokopie gemacht.
Das ist keine Mailandschaft, sondern eine Mainlandschaft, von der wir intensiv bedauern, dass der Maler diese Staffagefiguren und ihre etwas sentimentale Geschichte hineingesetzt hat. Das Photo ist winzig, wir finden ein besseres. Der Charakter der Landschaft ist gut getroffen.
Es gibt eine ganze Reihe ähnlicher Bilder, von denen wir hier nur dieses einzige Exemplar haben. Locker flockig gemalt und weniger weiträumig als die früheren Landschaften, wenngleich Räumlichkeit immer noch wichtig ist. Hier ist das Thema das Spiel des Lichts im Waldesinneren.
Ein schlechtes Photo, das zudem noch von einem Kaffeeflecken verunstaltet wurde.
Hier ist die Sonne hinter den Wolken die Hauptsache. Keine Ahnung, wann es gemalt worden sein könnte.
Mittlerweile haben unsere Fahndungsbemühungen erste Erfolge gezeitigt: Ein Herr Oeser hat uns die Abbildung einer Winterlandschaft geschickt, die wie die meisten von Carl Seiferts Winterlandschaften von dem verschwiegenen Winkel der Oberpfalz nahe der tschechischen Grenze in Mähring inspiriert zu sein scheint. Wie bei der anderen auf dieser Webseite farbig wiedergegebenen Winterlandschaft scheint es um ein heimliches Schwelgen in Farben zu gehen. Ungewöhnlich ist, dass man in der Ferne eine winzige, stark verschneite Ortschaft mit Kirchlein sieht. Ich bin mir nicht sicher, ob es ein glücklicher Einfall war, das blasse Gelb eines Heuschobers im Mittelgrund im Himmel über den Bergen wieder aufzugreifen: es bekommt etwas Schwefliges. Es geht wieder um Variationen über die drei Grundfarben, aber hier hat es doch etwas Drückendes.
Peter Seifert jun.
Ein Besitzer von Bildern möchte Kontakt zu Ihnen aufnehmen.
Sehr geehrter Herr Seifert,
ich besitze ein Ölgemälde, welches ich Carl Seifert zuordnen würde. Wenn Sie interessiert sind, senden Sie mir doch eine E-mail- Adresse, dann schicke ich Ihnen ein hochauflösendes Foto.
Sehr geehrter Herr Oeser,
ich bin sehr interessiert, von dem Bild eine Aufnahme zu bekommen. Hier meine Email-Adresse: pwseifert@yahoo.com
Mit frdl. Grüßen Peter Seifert