CARL SEIFERT, STILLLEBEN

Im Unterschied zu seinem Enkel Georg Seifert, der die Stilllebenmalerei für sich zu einer hohen Kunst entwickelt hat, malte Carl Seifert kaum Stillleben.

Stillleben, Öl auf Holz, 42 cm x 52 cm

Stillleben, Öl auf Holz, 52 x 42 cm

Angeblich um einer Privatschülerin irgendetwas zu demonstrieren, hat er dieses einfache Stillleben aufgebaut. Er hatte immer auch etwas von einem Jongleur. So hat er zwischen dem gewaltigen irdenen Krug links und dem kleineren weißen Gefäß ein Gleichgewicht hergestellt, einfach dadurch dass es weiß ist und deshalb sehr viel stärker hervorsticht. Die Verteilung der Äpfel dient sicher auch der Feinponderierung.

Leider reflektiert unsere Aufnahme etwas, sonst sähe man, wie am dunklen Gefäß in der Mitte ein rötliches Sepiabraun schimmert, das zum farblichen Gleichgewicht zwischen der bläulich schimmernden, stark gestärkten Tischdecke und den gelborangenen Äpfeln beiträgt. Solche minimalen Akzente waren von großer Bedeutung für ihn.  So wird überliefert, dass er einmal, da ihn Museumsbesuche generell ermüdeten und enervierten, schnurstracks zu einem Bild von Wilhelm Leibl marschierte, nur um zu sehen, ob ein Knopf schwarz oder blauschwarz gemalt sei, und dann das Museum wieder verließ.

Im Gespräch mit mit meiner Großmutter wies ich darauf hin, dass auf den Bildern Carl Seiferts die Farbigkeit doch immer sehr gedämpft sei, so dass man sozusagen sehr lange hinsehen muss, um ihre Intensität zu entdecken. Sie sagte mir, sie hätten sich auf den Begriff der „Seinsschichten“  verständigt. Der Begriff geht auf Nicolai Hartmann zurück. Ich halte es für relativ unwahrscheinlich, dass sie Hartmann gelesen haben. Eher ist anzunehmen, dass bei den so genannten „Geisterstunden“ im Gohliser Schlösschen, wo man sich regelmäßig zum anregenden Austausch mit Leipziger Künstlern und Intellektuellen traf, ihnen solche Konzepte zu Ohren gekommen sind. Das Bemühen um „tiefere Seinsschichten“ war wohl eine Gegenreaktion gegen das Ephemere des Impressionismus einerseits und das Exaltierte des Expressionismus andererseits.

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