Carl Seiferts Werke in der graphischen Sammlung des Leipziger MdbK

Wir haben nun die Gelegenheit, die im Leipziger Museum der bildenden Künste aufbewahrten Blätter Carl Seiferts, neun Aquarelle und drei Sepiazeichnungen, zu veröffentlichen.Das erste Aquarell ist von 1922, als der Künstler 26 Jahre alt war. Es ist ein passender Auftakt, weil es in seiner Unbestimmtheit eine morgendliche Stimmung hat.

In diesem Aquarell von 1923 meint man etwa in der Art wie die dunstigen Bodenformationen gemalt sind zu erkennen, dass der Maler die Möglichkeiten des Mediums noch erkundet. Wie sehr ihn die Darstellung von Räumlichkeit beschäftigte, zeigt sich daran, dass die hinteren Zweige des Bäumchens im Vordergrund blasser wiedergegeben sind als die vorderen: kaum ein realistischer Zug.

Dies gleichfalls aus dem Jahr 1923 stammende Aquarell ist vielleicht eines der bemerkenswertesten Blätter. Das Motiv ist fast inexistent: blätterlos schwarzes Buschwerk bildet den relativ nahen Horizont. Spindeldürre weiße Stämmchen stehen vereinzelt und suggerieren so Räumlichkeit. Vielleicht regnet es. Die Landschaft wirkt so nah, dass man, bildhaft gesprochen, die Erde zu riechen meint. Das Stimmungsmäßige und das „Wahrscheinliche“ der Vision sind gleichermaßen stark.

Bei diesem Hochformat aus dem Jahr 1923 geht der Blick sehr viel mehr in die dunstige Weite. Das zarte Blau wird bedroht von dunklen Wolkenbändern.

 

Eine weiträumige, etwas diffuse Vision mit ungewöhnlich starken blauen und gelben Farbakzenten. Im Vordergrund rechts einigermaßen unmotiviert Spuren einer mit Bleistift skizzierten Kuh.

 

 

In dieser Landschaft aus dem Jahr 1930 mit einem schwer stapfenden Wandersmann ist allerlei los. Man mag die nahen Nebelfelder wenig glaubhaft finden. Andererseits ist die dunstige Weite ungemein subtil gestaltet.

 

Die drei folgenden Aquarelle aus dem Jahr 1931 zeigen den Maler auf der Höhe seiner Kunst und gehen vermutlich auf konkrete Erlebnisse in der bayrischen Oberpfalz zurück: ein Sommerbild und zwei Winterbilder. Bei dem Sommerbild mit den expressiv verwehten Bäumen ist die „Dunstperspektive“ wieder besonders überzeugend.

 

Ist das im Vordergrund ein zugefrorener Bach etwas wie auf dem auch hier abgebildeten großen Ölbild einer Winterlandschaft? Tolle Bäume!

 

Tauwetter.  Wieder das etwas schwefelige Licht. Gekonnt die vereinzelt aus dem Schnee ragenden Äste in ihrem Verhältnis zueinander.

Von den drei Sepiazeichnungen vermuten wir, dass sie 1925 nach einem Erholungsurlaub auf Rügen in Klein Zicker auf der Südostspitze der Insel enstanden sind.

 

 

                                                                                                                            Peter Seifert, 2. 7. 2019